Aus der Tradition in die Moderne
Mit 13 Jahren als Präsident ist Wolfgang Pschorr der am Dritt-Längsten amtierende Präsident des BSC. Nur Eberhard Benger, 27 Jahre, und Julius Greußing, 17 Jahre, sind dem Club länger vorgestanden als er. Vor seiner Zeit war der Club geprägt von blauen Blazern und Krawatten. Die meist älteren Herren des BSC gaben sich exklusiv. Segeln war Männersache. Mit dem unter seinem Vorgänger Ernst Stolz erbauten Clubhaus war eine wichtige Voraussetzung geschaffen, um frischen Wind in den BSC zu bringen.
Das Gesellschaftliche im Segelsport spielte in der Geschichte des BSC bis in die 80er und 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts noch eine wesentlich wichtigere Rolle als heute. Gegenwärtig haben wir trotz Alltagshektik mehr Freizeit- und Sportangeboten denn je zuvor. Auch die Seemannschaft wurde seinerzeit noch deutlich größer geschrieben Die Segelverbände und Vereine fühlten sich zuständig, Theorie und Praxis des Segelsports zu vermitteln. Dadurch wurden auch Haltungen tradiert. Mit nacktem Oberkörper in den Sporthafen einzulaufen war tabu, fremde Leinen zu verwenden oder es abzulehnen, jemanden in einem sogenannten Päckchen festmachen zu lassen, ebenso. Wolfgang Pschorr nahm für den Österreichischen Seglerverband A-Schein Prüfungen ab, ist also einer, der Tradition gelernt, sie weitergegeben hat und sie weiterlebt, aber nicht in ihr verstaubt ist. Im Gegenteil.
Blicken wir zurück: Zum Segeln gekommen ist der Dornbirner über ein selbstgebautes Paddelboot seines Vaters, das er, der spätere Techniker, zum Segler umkonstruierte. Seine Tante hatte ein Häuschen am Rohrspitz. Wolfi hat also schon früh die Uferzonen unsicher gemacht. Nach den Jahren in Graz ist er dann schnell in die Vorarlberger und Bregenzer Segelszene eingetreten und hat eine Bootsleiter durchstiegen vom Pirat über eine Sowitasgoht VII – derer gab es nach der legendären Atlantik-Überquerung des Pioniers Fritz Plunder ja mehrere – eine First 22, eine Trident 80, eine Duetta94 bis zur X99. Er ist ein mit allen Wassern gewaschener Wettkampf Segler und gleichzeitig ein von der Schönheit des Bodensees bis heute faszinierter Fahrtensegler. Genau diese zwei Positionen brachte er in den Club ein.
Wolfgang Pschorr hat den One Design Cup aus der Taufe gehoben, heute noch einer der wichtigsten Bewerbe am See. An den BSC-Clubregatten nahmen damals Boote aus allen Vorarlberger Clubs und darüber hinaus teil. Es gab im Vergleich zu heute geradezu riesige Starterfelder mit bis zu 50 Booten. Neben den Regatten wurden das Fahrtensegeln in Form von Clubausfahrten mit Kind und Kegel intensiv gepflegt. Dabei halfen seine guten Beziehungen zu den anderen Segelvereinen am See. Er veranstaltete eine Bodenseewoche. Die Bootstaufen waren in seiner Präsidentschaft Großveranstaltungen. Legendär sind die Faschingsfeste und Schiausflüge.
Die Infrastruktur des Sporthafens, der ja der Landeshauptstadt Bregenz gehört, wurde in seiner Präsidentschaft und soweit es dem Club möglich war, verbessert: teils durch eigene Investitionen, z.B. die Schwimmer an den Pfählen, teils durch seine technische Expertise, im Bereich der Elektrik, bei der Errichtung des Takelmasten oder der Ausstattung des Hafens mit Schwimmstegen. Das Arbeitsboot Adalbert wurde verkauft. Stattdessen ließ man bei der Hartmann-Werft in Hard den Tschüggi bauen, der bis heute bei allen Regatten brav seinen Dienst tut. Eine strategisch wichtige Entscheidung war die Gründung des Fördervereins, der die finanziellen Voraussetzungen für größere Investitionen im Clubhaus schaffte.
Wenn man seinen Führungsstil charakterisieren möchte, dann kommt einem der legendäre Fußballtrainer Max Merkel in den Sinn: Zuckerbrot und Peitsche. Jedenfalls war er stets bemüht das Beste für ein einzelnes Mitglieder heraus zu holen, aber das Clubinteresse stand darüber. “Ich habe den Club immer als Familie gesehen”, sagt Wolfgang Pschorr, bei der selbstverständlich auch der Haushalt stimmen musste. Legendär ist ein Zitat eines BSC-Mitglieds: “Der Pschorr hockt auf dem Geld, und der Mayer (Erhard Mayer, der Zahlmeister) hat den Schlüssel.” Die finanzielle Spielraum war immerhin groß genug, damit der Club die ersten Optimisten ankaufen und Optiwochen veranstalten konnten. Die gezielte Jugendarbeit mit pädagogisch ausgebildeten Trainern war geboren. Als Jugend- und Frauensprecherin “durfte” erstmals eine Frau an einer Vorstandssitzung des BSC teilnehmen. Lisbeth Diem wurde in den Vorstand kooptiert.
In seiner Präsidentschaft wurde auch das Verhältnis zu Stadt professionalisiert. Was früher informell geregelt war, wurde in schriftliche Vereinbarungen gegossen. Die Präsidenten der im Sporthafen beheimateten Vereine wurden in den Hafenausschuss der Stadt eingeladen. Das schuf die Voraussetzung für Vieles, was später kam, z.B. die Erweiterung des Clubhauses. Wolfgang Pschorr erlebte in seiner Präsidentschaft vier Bürgermeister, Fritz Mayer, Norbert Neururer, Markus Linhart und dessen Vorgänger Siegi Gasser. Gasser übernahm den Ehrenschutz für die große 100 Jahr-Feier des BSC, bei der sich alles, was im Segeln am Bodensee Rang und Namen hatte, ein Stelldichein gab. Es war wohl die größte gesellschaftliche Veranstaltung des zweitältesten Segelclubs am Bodensee.
Resümierend ist der BSC für Wolfgang Pschorr, dem 14. Präsidenten des Clubs, das was Segler als Heimathafen bezeichnen würden, und Wolfgang ist – im besten Sinne des Wortes – der Hafenmeister. Für seine Verdienste als Präsident erhielt er 1999 die Ehrenmitgliedschaft.