2011-2020 – Präsident Hanspeter Simma

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Autor: Ulrich Herburger

Bild: Ulrich Herburger

Den BSC aus rauer See in ruhige Gewässer gesegelt

Hanspeter Simma ist Internist. Als solcher ist er spezialisiert auf das störungslose Zusammenspiel der Körperfunktionen. Diese Expertise wurde bei seinem Antritt als BSC-Präsident dringend gebraucht. Denn der Club drohte zu zerfallen. Das klingt martialisch, war aber so: außerordentliche Mitgliederversammlung, Misstrauens-Äußerungen gegenüber dem vorhergegangenen Vorstand, unterschiedliche Auffassungen darüber, wie und wohin sich der Club entwickeln sollte. Es gab in der 115 jährigen Geschichte des Clubs kaum eine so kritische Situation wie damals, als Hanspeter Simma das Ruder übernahm. 

Bis zu diesem Zeitpunkt war er in seiner Ordination in Dornbirn mehr als nur voll ausgelastet. Für den BSC war es Glück im Unglück, dass sich Hanspeter in Vorbereitung seiner etwas ruhigeren, 3. Lebensphase einen Partner in die Praxis holte. Seine  größere zeitliche Flexibilität wollte er dem Club zur Verfügung stellen, wo er seine sportliche Leidenschaft, das Segeln, lebte. Er dachte aber nicht an das Präsidenten Amt,  sondern an eine weniger zeitintensive und verantwortungsvolle Funktion. Hatte er gedacht. Bevor er sich versah, sahen fast 70% der Clubmitglieder in ihm die Person, die die Kompetenz und Autorität hat, Brücken zwischen den differierenden BSC-Lagern zu bauen. Um es vorweg zu nehmen. Es gelang ihm. Deshalb wurde ihm ca. 10 Jahre später bei der Übergabe der Präsidentschaft an seinen Nachfolger, Urs Hämmerle, die Ehrenmitgliedschaft verliehen. Nicht auszudenken, wenn es ihm nicht gelungen wäre…

Sein Führungsstil war auf Konsens aus. Die vorher oppositionelle Gruppe “Vision” band er am Anfang seiner Präsidentschaft in den Diskurs über die Zukunft des BSC ein. Schon nach kurzer Zeit sah die Gruppe ihre Vorstellungen in die Clubarbeit integriert. Wichtige Vorstandsfunktionäre von früher erklärten sich bereit, auch im Vorstand von Hanspeter Simma weiter zu arbeiten. Konsens paarte er also mit Kontinuität. Das dritte “K” hieß anstatt Konflikt, Kooperation.  Diese gelang, indem ein Ziel, das im §2 der Clubstatuten verankert ist, die “Förderung des Segelsports” außer Streit gestellt wurde. Das war von nun an die Brille, durch die der BSC und dessen Vorstand sämtliche Themen analysierte und diskutierte. Dem hatte sich alles unterzuordnen. Persönlichen Animositäten fühlte sich der Club nicht verantwortlich. Diese sollten die Involvierten selbst regeln. In der überwiegenden Mehrheit  gelang dies auch. Das vierte “K” bedeutet Kommunikation. Eine große Stütze war ihm dabei Rudi Wacker mit seinen qualitätvoll gestalteten Publikationen und der gesamte Vorstand, der in die verschiedenen Aktionsbereiche Bereiche des Clubs gut integriert war und regen Austausch mit den Mitgliedern pflegte.

Klug war die Entscheidung, den Schwerpunkt auf den Segel-Nachwuchs zu legen. Dagegen konnte niemand etwas haben. Oft hatte man im Club gehört, wenn man keine Jugend hat, dann braucht es auch kein Jugendboot. Hanspeter, selbst Vater zweier segelbegeisterter Kinder, sah das umgekehrt: Ohne Jugendboot, keine Jugend. Da kam es gerade recht, dass der Bodensee-Seglerverband eine Initiative für eine Einheitsklasse startete und den renommierten BSC unbedingt mit an Bord haben wollte. Nach einem intensiven Auswahlverfahren einigte man sich auf die J70. In der KLasse um € 50.000, 7 Meter, sportlich anspruchsvoll, Straßenhänger tauglich, Möglichkeit zu übernachten etc., bot die J70 die beste Performance. Mittlerweile gibt es mehr als 1.500 J70 auf allen Kontinenten, mit WM, EM und – das ist für den BSC das Wichtigste – spannenden Battles am Bodensee. 

Mit einem Finanzierungsplan, gezielter Sponsorensuche, Engagements von Clubmitglieder – hier eine detaillierte J70-Historie zu schreiben, würde den Rahmen sprengen – gelang es,  drei J70 in den Club zu bekommen und einen Crew Pool mit 20 Mitgliedern innerhalb einer Altersspanne von 15 Jahren bis 35 Jahren. Klaus Diem als international erfahrener Wettkampfsegler stellte sich als Coach zur Verfügung und lehrte den Umgang mit diesem heißen Sportgerät.

Die BSC-J70 liefern sich seit 2014 spannende Battles am Bodensee und anderen mitteleuropäischen  Binnenseen, v.a. am Gardasee, bis zur WM in Porto Cervo, Sardinien, und der EM in Kiel. Auf den clubeigenen J´s bekommen mitlerweile Nachwuchs Seglerinnen und Segler, die von Club eigenen Optis über Laser, 420er aufgestiegen sind, ihren letzten Schliff. In Simmas Präsidentschaft wurden Projekte mit Volksschulen, Mittelschulen und vor allem mit der HTL durchgeführt. Für jede Altersstufe gibt es die passenden Boote. Es wurde ein wichtiger Schritt in die Breite gemacht.

Da darf die Spitze nicht fehlen, obwohl diese wesentlich schwieriger zu organisieren ist. Der BSC war 2015 Gründungsmitglied der Bundesliga, die vom Bodensee bis zum Neusiedler See regattiert. Hier war man aber nicht so erfolgreich wie erhofft. Das seglerische Potential war zwar da. Aber die Crews waren geografisch an verschiedenen Studienorten weit verteilt. Gemeinsame Trainings konnten kaum durchgeführt werden. Die Reisekosten waren enorm hoch. Deshalb entschloss sich der Club 2017 zum Stop, der auf einen Restart wartet, bis eine Crew von unten her wieder aufgebaut sein wird. Denn vom Selbstverständnis des Clubs her, gehöre der BSC zur Bundesliga.

Zwei schöne klassische Regatta-Großereignisse erwähnt Hanspeter Simma im Gespräch über seine Amtszeit noch: der Europacup der 30er Schärenkreuzer im Jahre 2014, mit 31 Teilnehmern, und der Europacup der Lacustre Klasse im Jahre 2014, gleichzeitig auch die Bodenseemeisterschaft. Weitere Aktivitäten waren die Wiederbelebung der Mittwochsregatten, die Verbindung des One Design Cups mit der ORC Wertung – diese Regatta organisiert der BSC jährlich. 2018 konnte die Vorarlberger Clubmeisterschaft gewonnen werden.  Das First May Meeting verbindet Segel-Theorie mit Praxis, sogar mit Video-Analyse. Hanspeter knüpfte mit der Einführung dieser Veranstaltung an die traditionelle Bildungsfunktion des Clubs an. Sogar ein Schifferpatent Kurs wurde seit langem wieder einmal durchgeführt. 

Noch ein Wort zum Präsidenten als Außenminister des BSC. In der Bodensee-Segel-Szene war und ist Hanspeter, dessen Boot “La Wally” von Bregenz bis Bodman alle Regattierer als starke Gegnerin kennen, bestens vernetzt. Auch zur Stadt pflegte er regelmäßig Kontakt, der sehr wohlwollend war. Die Taten in punkto Verbesserung der Sanitäranlagen, Entschärfung des gefährlichen Radwegs, Zugangsbeschränkung zur BSC Mole, um nur einige kritische Punkte zu nennen, blieben aber aus finanziellen Gründen aus. “Kein Geld”, hieß es immer. Umso mehr freut er sich über den Schwimmsteg, der nach jahrelangen Verhandlungen mit der Stadt 2015 realisiert wurde und die gefährlichen Leitern an der Hafenmauer im BSC-Bereich ersetzte. 

Und jetzt, in der Pension als Arzt und BSC-Präsident, wie füllt Hanspeter seinen Kalender? Erstens durch Regatten. Zweitens als zweite Hand für seine Frau Annemarie, die selbst erfolgreich steuert und im Hintergrund während des Präsidenten-Dezenniums als Taktikerin fungierte. Drittens als Großvater, der seine Enkel fürs Segeln begeistert. – Für Nachwuchs im BSC bleibt also gesorgt. “Mir hat´s Spaß gemacht”, lautet das Fazit von Hanspeter Simma über seine Präsidentschaft. – Spass? Im Ernst? –  “Ja, weil ich mich an kein böses Wort im Vorstand erinnern kann. – Kontroversen, O.K. Aber immer Einigkeit in guten Kompromissen. Es war mir eine Freude und Ehre Präsident des BSC gewesen zu sein.”

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